„Ein Dorf mit Herz“ blickt auf seine bewegte Geschichte zurück und gilt heute als Vorbild für Gemeinden in der Region.
ZETTINGEN -rro- Bereits im Jahr 1267 fand Zettingen erste urkundliche Erwähnung. Heute können die Bewohner auf eine bewegte Geschichte schauen, ohne dabei den Blick für die Zukunft zu verlieren. Tradition, Gemeinschaft und Heimatgefühl spielen in Zettingen eine besonders große Rolle.
Dem 260-Seelen-Dorf in Mitten der Verbandsgemeinde Kaisersesch stehen im August ganz besondere Feierlichkeiten ins Haus – die erste urkundliche Erwähnung jährt sich zum 750. Mal. In dieser Zeit haben der Ort und seine Einwohner einiges erlebt. Geschichtlicher im Überblick Vom 13. Jahrhundert bis zur Auflösung des Kurfürstentum Triers stand Zettingen unter dessen Landeshoheit. In dieser Zeit hatten wechselnd kirchliche und adlige Grundherren Besitz an der Ortschaft im Schieferland. Daneben gab es aber auch etwa 133 Grundbucheinträge, die Menschen aus den umliegenden Ortschaften zuzuordnen sind.
Viele Jahre später, zu Zeiten des 30-jährigen Krieges (1618 – 1648), durchlebten die Menschen in Zettingen bittere Tage und herbe Verluste. Der kleine Ort verlor etwa die Hälfte seiner Höfe. Im Jahr 1670 – 22 Jahre nach den schweren Verlusten des Krieges – wurde eine Kapelle genau an der Stelle errichtete, an der heute das Bußkreuz steht. Dieses spielt noch immer für die Bürger Zettingens eine bedeutende Rolle. Die Jesusfigur des Kreuzes ist eines von drei, unter Denkmalschutz stehenden Objekten des Ortes. Die Jesusfigur des Kreuzes musste jedoch kürzlich restauriert werden. Vor Witterungseinflüssen geschützt, findet sie nun ihren Platz in der Kirche des Dorfes. An Stelle des Originals wurde eine Replik am Bußkreuz angebracht. Auch in den weiteren Jahren und Jahrhunderten war es nicht immer leicht für die Einwohner Zettingens. Denn auch sie blieben nicht verschont von Bränden, Plagen und nicht zuletzt von den beiden Weltkriegen. Menschen fielen der Cholera und Pockenkrankheiten zum Opfer und Großbrände zerstörten ganze Anwesen, bevor die Bauweise mit Holzfachwerk und Strohdächern durch eine mit Bruchstein und Schieferdächern ersetzt wurde.
Die beiden Weltkriege brachten auch dem kleinen Dorf im Schieferland Leid und Tod. Doch trotz aller Widrigkeiten gründeten engagierte Bürger im Jahr 1945 die Freiwillige Feuerwehr des Dorfes. Nach Kriegsende blieb Zettingen bis zur Gründung des Bundeslandes RheinlandPfalz im Mai 1947 unter französischer Besatzung. Der Ort im Wandel Lange Zeit war die Landwirtschaft Haupterwerbsquelle der Zettinger. In den 1960er und 1970er Jahren hatte der vermehrte Einsatz großer Maschinen eine Flurbereinigung zur Folge, bei der die kleinen Feldparzellen neu geordnet wurden. Auch die zunehmende Mobilität und der Bau der Autobahn 48 nahmen Einfluss auf das Leben der Einwohner. Sie fanden immer häufiger Erwerbsquellen außerhalb der Landwirtschaft, sodass diese mehr und mehr zur Nebenerwerbsquelle wurden. 1993 setzte sich dann schließlich auch der letzte haupterwerbliche Landwirt altersbedingt zur Ruhe. Heute sind die umliegenden Felder allesamt an auswärtige Betriebe verpachtet.
Dass in Zettingen der Stillstand keinen Einzug erhält und der Ort stets in Bewegung bleibt und sich immer weiter entwickelt, zeigen unter anderem die in den letzten Jahrzehnten erschlossenen Neubaugebiete, in denen sich sowohl Zettinger, als auch auswärtige Familien ansiedeln. Mit Blick in die Zukunft Wie zukunftsorientiert die Gemeinde ist, bringt der Parlamentarische Staatssekretär Peter Bleser auf den Punkt: „Gerade in der heutigen Zeit, die geprägt ist von Abwanderung und Dorfleerstand, ist Zettingen ein Vorbild für andere Gemeinden.“ Denn in der Ortschaft ist jeder vierte Einwohner zwischen einem und 20 Jahren alt – und das bei einer Einwohnerzahl von 260.
Leben und Gemeinschaft Nicht zuletzt der Gemeinschaftssinn und die Vereine wie Freiwillige Feuerwehr, Junggesellen- und Möhnenverein, Jagdgesellschaft, oder der Verein Dorfleben machen Zettingen eben auch für Auswärtige als Wohnort interessant.
Den Spielplatz bezeichnen die Bürger selbst als „Schmuckstück“ der Ortsgemeinde, an dem Familien miteinander in Kontakt kommen und sich austauschen. Mit dem 1976 gebauten und 2009 umfangreich sanierten Gemeindehaus, dem Jugendraum und der 2011 renovierten Schutzhütte bietet Zettingen ausreichend Möglichkeit, in der Gemeinschaft zusammen zukommen.
„Wir haben die Welt ja nicht gepachtet“
Geschichte einmal anders: Wie Zettinger Urgesteine ihre Heimat sehen
In trauter Runde erzählten die ältesten Bürger des Ortes von ihrem Leben in Zettingen. Maria Fuhrmann (85 / Zweite v. links), Walter Ganzen (75 / Zweiter v. rechts) und Josef Hammes (82 / Erster v. rechts), leben seit ihrer Geburt in dem kleinen Ort der Verbandsgemeinde Kaisersesch. Einzig Johanna Stein (85 / Erste v. links) ist vor vielen Jahren zugezogen, die gebürtige Dünfuserin kam der Liebe wegen nach Zettingen und blieb. Nun lebt sie bereits so lange im Ort, dass auch sie zweifellos als wahres „Urgestein“ des Ortes betrachtet werden kann. Fotos: Röder
Das anstehende Jubiläum ist für die Bürger Zettingens etwas ganz Besonderes. Für die „Urgesteine“ des Ortes einmal mehr. AM WOCHENENDE traf die ältesten Bürger des Dorfes und erhielt spannende Ein-und Ausblicke.
Was verbinden Sie mit Zettingen, was macht den Ort für Sie so besonders?
Maria Fuhrmann: Die Nachbarschaft und die enge Gemeinschaft. Hier hilft man sich einfach. Früher, als wir alle noch Landwirtschaft hatten, war das noch mehr. Wenn was mit dem Vieh war, hat man sich geholfen. Es war ja sowieso schon schwierig, von der Landwirtschaft zu leben. Das ging ja allen so. Was hat sich in Ihren Augen im Laufe der Zeit im Ort verändert?
Johanna Stein: Früher hat der Austausch miteinander mehr auf der Straße stattgefunden.
Walter Ganzen: Der Zusammenhalt ist immer noch sehr groß. Aber die Struktur des Ortes hat sich verändert. Wissen Sie, früher hat man sich bei der „Milchbank“ getroffen und Stundenlang ausgetauscht. Heute arbeiten die Menschen ja auch zu unterschiedlichen Zeiten und zum Teil in Schichten. Da kommt man nicht mehr so häufig auf der Straße zusammen.
Josef Hammes: Heute sind ja auch viel mehr Frauen berufstätig. Da ist es ganz klar, dass man sich nicht mehr so häufig über den Weg läuft und auch die Gesprächsthemen andere sind. Als alle Landwirtschaft hatten, hatten alle die selben Themen.
Walter Ganzen: Aber eines ist ganz klar geblieben. Wer hier in Zettingen Interesse hat, Teil der Gemeinschaft zu sein, der wird auch ohne Probleme aufgenommen. Schließlich haben wir ja die Welt nicht für uns gepachtet. Haben Sie einen Lieblingsplatz oder eine Stelle im Ort, die Sie besonders mögen?
Maria Fuhrmann: Es klingt vielleicht komisch, aber es ist der Friedhof. Wenn man hier von einem „schönen Ort“ sprechen kann. Es ist eine schöne Grünanlage. Es gibt Bänke zum Ausruhen und hier trifft man dann doch auch die Leute. Man kann sich erinnern und zugleich auch austauschen.
Johanna Stein: Das stimmt. Früher bin ich doch noch öfter dort gewesen. Oft wenn ich Sparzieren gegangen bin. Heute kann ich das leider nicht mehr so. Wenn Sie sich zurückerinnern: Gibt es ein Ereignis, das Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben ist?
Josef Hammes: Die Kirmes war immer etwas ganz Besonderes. Vor allem auf das Essen hat man sich immer gefreut.
Johanna Stein: Stimmt. Ein vier Gänge Menü gab es sonst ja nicht. Allein die frische Markklößchensuppe . . . heute kocht das ja kaum noch jemand.
Maria Fuhrmann: Aber auch an die Kriegsjahre kann ich mich noch erinnern. Das waren schwere Zeiten. Ich weiß noch, dass die Leute aus den Städten zu uns kamen, um Lebensmittel zu tauschen. Im August steht ein ganz besonderes Jubiläum ins Haus. 750 Jahre Zettingen. Was bedeutet das Jubiläum für Sie?
Maria Fuhrmann: Ich freue mich vor allem darauf, Menschen zu treffen, die ich lange nicht mehr gesehen habe.
Walter Ganzen: Zu diesem Anlass kommen sicher auch Leute, die irgendwann mal weggezogen sind. Da freut man sich, wenn sie den Weg noch einmal nach Zettingen finden.
Josef Hammes: Ich bin sicher, dass diejenigen, die noch fit genug sind und noch immer eine Verbindung zum Ort haben, gerne kommen. Mit Blick auf die Zukunft, was wünschen Sie sich für Zettingen?
Johanna Stein: Dass alles so friedlich bleibt.
Walter Ganzen: So wie es im Moment ist, ist es gut. Ich wünsche mir, dass es so bleibt.
Die Fragen stellte: Rebecca Röder.
2017 Ortsgemeinde Zettingen mit freundlicher Genehmigung von: amWochende
Bürgermeister Zettingens: Entwicklung der Einwohnerzahl:
1935 Johann Hammes 1563: 10 Feuerstellen
1945 – 1946 Anton Laux 1663: 4 Haushaltungen
1945 – 1946 Jakob Schmitz 1684: 7 Feuerstellen
1946 – 1948 Anton Stein 1773: 43 Einwohner
1948 – 1949 Hermann Schmitz 1777: 12 Häuser
1949 – 1952 Johann Fuhrmann 1784: 57 Einwohner
1952 – 1970 Paul Gansen 1840: 152 Einwohner
1971 – 1974 Josef Fuhrmann 1871: 173 Einwohner
1974 – 1979 Hermann Menzel 1905: 186 Einwohner
1979 – 2011 Hans-Josef Schaden 1939: 176 Einwohner
2011 Johannes Hammes 1950: 181 Einwohner
1961: 163 Einwohner
1964: 154 Einwohner
1970: 162 Einwohner
1979: 190 Einwohner
1987: 195 Einwohner
1992: 200 Einwohner
2004: 279 Einwohner
2014: 264 Einwohner
2015: 280 Einwohner